Republik Magazin
13. Mai 2021
Nach dem letzten Atemzug geht der Körper einen vorgezeichneten Weg durch die Institutionen: vom Sterbebett zum Bestatter zum Krematorium zum Friedhof. Ein Reisebericht.
Der Kopf von Johanna K. ist leicht zur Seite geneigt. Die Hände drücken eine Puppe an die Brust. Eine Kerze brennt. Blumengestecke schmücken den kühlen Raum – die letzte Station vor dem Grab.
Die Tote liegt in einer von fünf Aufbahrungszellen auf dem Schosshaldenfriedhof in Bern. Im Flur vor ihrer Tür steht ein langes Regal mit Blumen. Rote, weisse, blaue, Geranien, Orchideen, Vergissmeinnicht.
Nach der Beisetzung wird Niklaus Hofer die Blumen zurück ins Regal stellen, wo sie dann bereitstehen für die nächste Totenwache. Hofer arbeitet als Sigrist auf dem Friedhof, der Tod gehört zu seiner Arbeitsroutine. Er kontrolliert die Temperatur in den Aufbahrungszellen, kümmert sich um Verstorbene, wenn ihre Gesichter blau anlaufen oder Blut aus den Mundwinkeln rinnt. Er führt den Trauerzug mit Urne oder Sarg voran ans Grab und pflegt die Blumen, die fortan darauf wachsen.
Bis im Frühling 2021 sind schweizweit über 10’000 Personen an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben. Viele Menschen trauern im Stillen. Obwohl bis zu 50 Leute an Beerdigungen und Trauerfeiern zugelassen sind, nehmen Angehörige und Freunde oft im engsten Kreis Abschied. In Alters- und Pflegeheimen fallen die gewohnten Abschiedsrituale aus, Andachten können zum Schutz der Heimbewohnerinnen nicht mehr durchgeführt werden.
Weiterlesen auf republik.ch