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Das gehört nicht ins Feuilleton: Schlösser besuchen

Die Zeit

2. Jan. 2019

Eigentlich wollte ich Prinzessin werden. Daraus wird nun wohl nichts mehr, denn inzwischen ist auch der letzte heiratsfähige Prinz unter der Haube. Aber wenn ich ehrlich bin, sind mir royaler Titel und Ehemann auch gar nicht so wichtig – eigentlich möchte ich nur das Schloss, danke sehr!

Sobald es um Schlösser und Burgen geht, brennt etwas in meinem Gehirn durch, und ich verwandle mich wieder in eine quengelnde Fünfjährige. Augen und Herz schalten zurück in den Kleinkindmodus. Im Schloss von Winchester zum Beispiel, weder der schönste noch der prunkvollste aller Königsbauten, stellte ich vor drei Jahren entzückt fest, dass Roben und Kronen zum Verkleiden bereitlagen. Schnell hatte ich mich vor eine Horde kleinerer Kinder gedrängelt und ihnen das hübscheste, mit fast echten Juwelen besetzte Stück vor der Nase weggeschnappt.


Die meisten Schlösser haben leider keine Krönchen im Angebot, dafür bieten sie hundert Räume voll Prunk und Pracht, die dieses Manko überstrahlen. Herrin von Schönbrunn oder Sanssouci zu sein? Eine Vorstellung, an die ich mich leicht gewöhnen könnte. Ich würde den ganzen Tag in wehenden Gewändern herumstolzieren, Zuckerwatte zum Frühstück essen (Prinzessinnen brauchen nicht zum Zahnarzt) und gelegentlich vom Balkon zum Volk hinabwinken. Kenner werfen jetzt ein, dass die Balkone in Schönbrunn und Sanssouci dafür ungünstig angebracht sind. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass ich bisher auch nicht Herrin dieser Häuser bin. Wäre ich es, dann gäbe es da auch anständige Balkone. So.


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